Mai 4, 2020

Gedicht über Nichts

Ich ging im Walde so für mich hin,
und nichts zu suchen, das war mein Sinn.

Ich suchte und suchte – Stunden um Stunden;
hab endlich tatsächlich nichts gefunden.
Das war ein Triumph, Ihr könnt es Euch denken:
Nichts suchen, nichts finden, also nichts zu verschenken!

Ich denke mit Schreck: ein Blümelein
hätte gestanden am lieblichen Hain;
Ich hätt’ es gesehen und aufgelesen –
das Nichtssuchen wär’ eine Pleite gewesen.
So tret’ ich ins Haus und hebe die Hand
und häng die Trophäe, häng nichts an die Wand.

Geh dann zu dem Liebchen und reiche ihm nichts
und warte begierig: was denkt es, was spricht’s?
Sie redet voll Stolz: Nichts suchste, nichts gibste –
Du erreichst, was Du willst, Du bist mir der Liebste!

Ich fass’ den Erfolg in die Form des Gedichts
und seh’ mich im Glanze poetischen Lichts,
wohin mich das Nichts als Trophäe getrieben –
sonst hätt ich ja keine Strophäe geschrieben.

Dann steht im Internet die Kritik eines Wichts:
„Wie Tausende vorher, ein Gedicht über nichts.”

Hermann schön’s!

Ruth Luise Faul-Huber